1. Akt

Prolog

Str�flinge

Zugleich! Zugleich!

Schau keinen ins Gesicht.

Zugleich! Zugleich!

Sonst �berlebst du's nicht.

Javert

Bringt 24601 hierher zu mir!

Bew�hre dich

den Rest erl��t man dir!

Wei�t du, was das hei�t?

Valjean

Ja, ich bin jetzt frei.

Javert

Nein!

Du bist nur frei,

bis du den Schein hier verspielst.

Du bist ein Dieb.

Valjean

Ich stahl doch nur ein Brot.

Javert

Brachst in ein Haus!

Valjean

Ein Fenster ging entzwei.

Die Tochter meiner Schwester war

halbtot vor Hunger

Javert

Hungern wirst auch du,

wenn du nicht lernst, was Recht und Ordnung hei�t

Valjean

Ich wei�, was neunzehn lange Jahre sind,

bestraft und versklavt.

Javert

F�nf Jahre f�r die Tat,

den Rest f�r jeden Fluchtversuch

von 24601

Valjean

Ich hei�e Jean Valjean

Javert

Und ich Javert.

Vergi� den Namen nicht.

Vergi� mich niemals,

24601.

Chor

Zugleich! Zugleich!

Sonst sp�rst du ihren Stab.

Zugleich! Zugleich!

Du stehst in deinem Grab.

Valjean

Ja, ich bin frei. Die Erde schweigt.

Ich f�hl den Wind. Ich saug' ihn ein,

und ans Licht steigt

ein junger Morgen.

Trink aus dem Quell - wie hell und klar

Tief im Gehirn brennt jedes Jahr.

Nie vergeb ich,

was sie getan.

Sie nur sind schuldig - Mann f�r Mann

Der Tag beginnt...

nun wird es Zeit.

Was h�lt die Welt

f�r mich bereit?

Zwei Wachtmeister

1. Sag Hochw�rden deine Beichte.

2. Woll'n mal seh'n ob sie ihm schmeckt.

1. Du warst Gast hier letzte Nacht.

2. Der Bischof hat f�r dich gedeckt.

Dann, aus lauter frommem Mitleid

f�r die schlimmen neunzehn Jahr'.

1. gab er dir angeblich Silber als Geschenk mit...

Bischof

...das ist wahr.

Doch mein Freund, du gingst so pl�tzlich,

gut da� du zur�ckgekehrt.

Ich versprach dir diese Leuchter,

du erinnerst dich nicht mehr?

Gebt dem Mann die Freiheit wieder,

ich beschenke ihn sehr reich.

Meine Herr'n, ich dank Euch herzlich,

Gottes Segen sei mit Euch.

Denke stets daran, mein Bruder:

Gott begleitet deinen Stern.

Drum verwende dieses Silber

nur im Sinne unsres Herrn.

Unser Heiland gab sein Leben -

nicht vergeblich war sein Schmerz.

Gott erhebt dich aus der Schande,

und ich kauf f�r Gott Dein Herz.


Valjean

Was ist mit mir?

Herr Jesus, was ist mit mir?

Ich bin ein Dieb in der nacht!

Ich bin ein r�udiges Tier!

Ist f�r mich alles zu sp�t?

Hab' ich dem Teufel im Blut?

Und in meiner Brust nur den Schrei meiner Wut?

Den Schrei in der Nacht, den niemand erh�rt -

bin ich nach all meinem Elend nichts mehr wert?

Wenn es ein and'res Leben gibt,

hab ich's vor zwanzig Jahr'n knapp verpa�t.

Immer auf der Flucht und das Herz voller Ha�,

Valjean numeriert und Valjean t�towiert,

ihre Ketten war'n beinah mein Tod,

f�r den Diebstahl von einem St�ck Brot!

Doch warum lie� ich diesen Mann

an meine Einsamkeit heran?

Er hat mich br�derlich behandelt.

Er hat mir vertraut

hat mich verwandelt.

Mein Herz geh�rt dem Himmel an -

wie kann das sein?

Mein Ha� verbrannte mir die Welt,

ich war ein Leben lang allein!

Aug' um Aug', Zahn um Zahn,

in den Brust einen Stein -

so war ewig mein Leben,

wird es je anders sein?

Ein Wort von ihm - ich mu� zur�ck,

wie ein St�ck Vieh an seinem Strick.

Statt dessen schenkt er mir die Freiheit,

die Scham in mir gl�ht wie ein Messerstich.

Auf meine Seele k�m' es an -

was denkt er sich?

Was l�g' dem Himmel schon daran?

Gibt's einen andern Weg f�r mich?

Ich verliere jeden Halt,

Nacht bricht �ber mich herein,

in den Strudel meiner Schuld

sinkt mein altes Leben ein.

Ich verschwinde aus der Welt,

aus der Welt des Jean Valjean.

Jean Valjean ist gar nichts mehr.

Ein neues Leben f�ngt nun an.



Die Armen

Und am Ende von Tag bist du einen Tag �lter.

So war's immer, so bleibt's, das ist unser Geschick.

Hier fri�t jeder jeden auf,

denn kein Mensch wird uns Gnadenbrot geben,

und wir warten lebenslang -

aber worauf?

Ein Tag weniger Leben!

Und am Ende von Tag bist du einen Tag k�lter.

Die paar Fetzen am Leib halten Hagel nicht ab.

Jeder, der uns betteln sah,

eilt vorbei an unserm Verderben,

und der Winter ist f�rchterlich nah,

wei� wird das Grab.

Ein Tag n�her am Sterben!

Doch am Ende der Nacht gibt's ein b�ses Erwachen,

und die Sonne am Morgen bringt Feuer und Licht.

Unser Meer verschlingt den Strand,

und ein Sturm wird aus unseren Qualen,

unsre Not nimmt sich das Land,

und die Satten, sie werden bezahlen,

dann wird kurzer Proze� gemacht -

an der Wende der Nacht!

Vormann

Doch am Ende von Tag soll'n die Faulen verfaulen.

Als ob ich nicht wahrhaftig genug Sorgen h�tt'!

Arbeiter

1. Ich hab Kinder zu ern�hr'n!

1+2. Unsre Kinder werden nicht Fett!

2. Und ich freu mich auf jeden Tag Lohn...

Frau: ...und auf mein Bett!

Frau + Arbeiter: Und wir danken den Herren!

Verschiedene Frauen

1. Schaut euch an, wie der Vormann vor M�nnlichkeit schwitzt.

Und wie keuchend sein stinkender Atem ihm geht!

2. Bei der kleinen Fantine ist er glatt abgeblitzt

3. Seine Hose wird enger, je strammer er steht!

Arbeiter

Doch am Ende von Tag ist die M�he vergessen,

wenn das Geld in der Tasche f�r's N�tigste reicht.

Zahl die Miete, zahl den Wein!

Heute abend von allem das Beste!

Morgen kannst du sparsam sein,

oder pr�gel dich wieder um Reste.

Einmal krieg ich, was ich mag:

Ganz am Ende von Tag.

M�dchen 5

Und was ha'm wir hier, kleine Unschuld vom Lande?

Mach schon, Fantine, zeig her was man schreibt!

"Liebe Fantine, zahl uns diese Rezepte.

Dein M�dchen braucht Hilfe.

Verlier keine Zeit."

Fantine

Gib den Brief wieder her,

da steht nichts, was dich angeht!

Du l��t keinen Kerl aus

seit dein Gatte dich nahm!

Gibt es eine von euch,

die im Angesicht Gottes

mir beschw�rt, da� sie frei ist

von Schande und Scham?

Valjean

Was soll der L�rm vor unserm Tor?

Wollt ihr wohl auseinandergehn!

Diese Fabrik ist doch kein Tollhaus!

Ich bitt' euch, M�dchen, haltet ein!

Ich bin der B�rgermeister hier

und m�cht' es gern noch l�nger sein.

Ich denke, du kl�rst alles auf,

doch mach die Sache nicht zu gro�

Vormann

Raus mit der Sprache, was war los?

M�dchen 5

Wenn man's richtig bedenkt:

Sie allein macht hier �rger.

Sie versteckt ihre Tochter

und tut so adrett.

Daf�r zahlt sie einem Kerl,

m�chte wissen, wo sie das wohl hernimmt,

woll'n wir wetten? Sie schafft daf�r an,

abends im Bett!

Ob der Chef das wohl gern sieht?

Fantine

Ja, ich habe ein Kind,

eine schwerkranke Tochter.

Doch der Vater verriet uns und

lie� uns allein.

Ein Paar Wirtsleute nahm sich

das M�dchen ins Haus

und ich zahle daf�r.

Was soll schlimm daran sein?

Arbeiterinnen

Wenn man's richtig bedenkt,

das ist wirklich die H�he!

Wenn das jeder so machte,

wo k�m' man da hin?

Wir tun anst�ndig unsere Pflicht,

sie verdient ihr Geld nicht mit H�nden.

Schick die Schlampe schleunigst weg,

sonst wird jede hier so wie sie enden.

Hier kriegst keine was geschenkt,

wenn man's richtig bedenkt!

Vormann

Hab ich mir's gedacht, das K�tzchen schnurrt,

hab ich mir's gedacht, das Mistst�ck hurt,

sie hat doch irgendein Geheimnis.

Ach, ja, die heilige Fantine,

die immer unber�hrbar schien!

Doch jetzt durchschauen wir dein Spiel,

und was zuviel ist, ist zuviel.

Spielst hier die Jungfrau, doch bei Nacht

hast du's noch keinem schwergemacht!

M�dchen 5

Sie hat jeden geliebt,

doch bei dir nur gelacht.

Frauen: Sie hat sich und uns alle unm�glich gemacht.

M�dchen 5: Wenn sie bleibt, dann geh'n wir!

Alle Arbeiter: Heut' noch fort mit ihr!

Vormann: Tja, mein Schatz. Raus mit dir!



Ich hab getr�umt vor langer Zeit

 

Fantine

Einst hab ich manchen Mann gekannt,

ihre Stimmen waren sanft,

ihre Worte geheuer.

Einst hab ich lichterloh gebrannt,

und die Welt war ein Lied

und das Lied war aus Feuer.

Es war einmal

uns ist nicht mehr.

Ich hab getr�umt vor langer Zeit

von einem Leben, das sich lohnte.

Von Liebe und Unsterblichkeit.

Vom guten Gott, der mich verschonte.

Da war ich jung und ohne Angst

und Tr�ume gingen wie sie kamen:

Ich find dir, was du auch verlangst,

f�r jede Freude einen Namen...

Doch die Tiger in der Nacht

wittern gierig deine Wunden

rei�en wild an deinem Herz -

sie zerfleischen deinen Traum.

Der Sommer, als er bei mir schlief,

war wie ein uferloses Wunder:

War Kind noch, als er nach mir rief,

war M�dchen, als der Herbst begann.

Ich tr�um noch heut, er kommt zur�ck,

gemeinsam trotzten wir den Jahren.

Doch wir sind nicht gemacht f�rs Gl�ck,

f�r seine St�rme und Gefahren...

Ich hab getr�umt, mein Leben w�r

ein Schicksal au�erhalb der H�lle -

Gott gibt den W�nschen keinen Raum.

Nichts blieb mir mehr von meinem Traum.


Leichte M�dels

 


Matrosen

1. Ich riech' Weiber

Spa� liegt in der Luft!

Hier geh ich vor Anker

und dann folg' ich diesem Duft!

2. Leichte M�dels

halten f�r mich still!

Junges festes H�hnchenfleisch

in Fummel und in T�ll!

3. Setzt die Segel! Auf sie mit Gebr�ll!

Huren

Leichte M�dels

liebeskriegsbemalt.

Tag und Nacht ge�ffnet,

wenn man unanst�ndig zahlt.

Leichte M�dels

machen alles mit.

Kerle, dies ist euer Tanz

Und ihr bestimmt den Schritt.

Wenn ihr prall seid, machen wir's zu dritt!

 

Alte Frau

Hast sch�nes Haar.

Das st�nd auch mir wunderbar.

Hast du ein Gl�ck.

Ich zahle zehn Francs, mein Schatz,

f�r die Per�ck'.

Fantine: Verschwinde, fa� mich nicht an!

Alte Frau: Ich schw�r es dir:

Mehr gibt dir keiner daf�r.

Denk doch mal nach.

Fantine: Wenn ich sie h�tt'...

Alte Frau: Denk doch mal nach.

Fantine: Was soll ich tun? Wenn ich sie h�tt',

g�b's endlich Hilfe f�r Cosette...

 

Huren

Alte, Junge, immer 'reinspaziert!

Hafenratten und Mulatten, hei� und t�towiert.

Feine Pinkel, feist und prominent,

fa�t in ihre Hosen und schon sind sie impotent.

Bargeld bleibt das sch�nste Kompliment!

Leichte M�dels

schau'n hinaus aufs Meer.

M�chten auf die Reise gehen

ohne Wiederkehr.


Fantine

Komm schon, K�pt'n,

la� die Stiefel an

Endlich mal ein St�ckchen Fleisch,

das sich nicht wehren kann.

Feuchte H�nde,

Augen voller Gier.

Gut, da� du den Ha� nicht siehst,

es ekelt mich vor dir!

Sp�rst du's nicht?

Du legst dich auf ein kaltes totes Tier!

 

Bamatabois

Die sagt mir zu. Ich glaub, da werf ich mich drauf.

Komm n�her, du! Erst will ich sehn, was ich kauf...

dein Honorar h�ngt davon ab, wie es war.

Fantine: Euch will ich nicht. Nein, nein, Monsieur, la�t mich gehn.

Bamatabois: Was hast du vor? 'ne krumme Tour?

Fantine: Um keinen Preis

Bamatabois

Was f�llt dir ein, du kleine Hur',

du bist zu dreist.

Was beim Fleischer mein Recht, ist bei Nutten wohl billig.

Zuerst wird gepr�ft, was ich teuer bezahl'.

Die Hure ist still und bescheiden und willig,

der Freier ist K�nig, die Hure bedient ihn,

sie hat keine Wahl!

Fantine

Verschwinde, sonst schlag ich

den Sch�del dir ein!

Selbst eine Hur', die im Elend verkommt,

beugt sich nicht einem Schwein!

Bamatabois

Bei Gott, daf�r wirst du bezahl'n,

dich la� ich bluten, denk daran,

ich garantier' dir schlimmste Strafe

f�r deinen feigen Mordanschlag

auf eines Ehrenmannes Wohlergeh'n!

Fantine

Ich bitt' Euch, zeigt mich nicht gleich an,

ich tu, was immer Ihr verlangt...

Bamatabois

Erkl�re das der Polizei!

Javert

Sagt mir schleunigst, was gescheh'n ist.

Was? Warum? Und wo und wer?

Gebt mir gr�ndlichste Beschreibung,

jede Auskunft braucht Javert.

Dieses Schlangennest ist t�ckisch.

Wer was wei�, der trete vor!

Wer verletzte diesen Herrn hier?

Wird's nun bald? Ich bin ganz Ohr!

Bamatabois

Javert, man sollt's kaum glauben,

ich kam harmlos aus dem Park,

als die Hure hier mich ansprang,

Ihr k�nnt seh'n, es blutet stark.

Javert

Man wird sie zur Rede stellen,

sie entgeht der Strafe nicht.

Ich versichre Euch, mein Herr,

da� sie gesteh'n wird vor Gericht.

Fantine

Und was wird aus meinem M�dchen?

Guter Herr, sie ist noch klein.

Gro�er Gott, wenn ihr mich einsperrt,

wird sie bald gestorben sein!

Javert

Bin gew�hnt an solche Szenen,

seh' sie schon seit zwanzig Jahr'n.

Deine Worte, deine Tr�nen

kannst du dir getrost erspar'n.

"Pflicht ist Pflicht. Tu sie gern.

dann gef�llst du Gott dem Herrn."

Valjean

Ich bitt' Euch, haltet ein Javert,

ich glaube, diese Frau hat recht.

Javert: Herr B�rgermeister!

Valjean

Ich brauch Euch nicht mehr, la�t sie gehn.

Ein Arzt mu� her, es geht ihr schlecht.

Javert: Herr B�rgermeister!

Fantine: Kann das sein?

Valjean

Ihr armes Kind -

wie grausam Menschen sind.



Die Pr�fung (Wer bin ich?)

 

Valjean

Er glaubt, der Mann sei ich,

schon auf dem ersten Blick!

Der Fremde, den er fand -

er sichert mir das Gl�ck!

La� Irrtum Irrtum sein,

ich rett' ihm nicht die Haut.

Ich hab' so lang gek�mpft

und soviel aufgebaut

Gnad mir Gott, wenn ich mich zeig

Doch er verdammt mich, wenn ich schweig.

Ich bin der Herr �ber viele Familien,

sie schau'n zu mir auf.

Wie soll se weitergehn,

wenn ich mich stellte

und g�b' alles auf?

Gnad mir Gott, wenn ich mich zeig

Doch er verdammt mich, wenn ich schweig.

Wer bin ich?

Soll dieser Mann f�r mich in Ketten geh'n?

Ich w�rde nach im Schlaf sein Elend seh'n.

Ganz schuldlos tr�gt er mein Gesicht,

das Urteil aber meint doch mich.

Wer bin ich?

Ich fliehe vor der Wahrheit Jahr f�r Jahr,

als sei ich nicht der Mann, der ich doch war.

Und wenn ich sterb': Wird auf dem Stein

mein Name eine F�lschung sein?

Wenn ich l�g' -

wie k�nnt' ich jemals wieder aufrecht geh'n

und jemals wieder in den Spiegel seh'n?

Mein Leben hab ich Gott geweiht,

der Handel gilt f�r alle Zeit.

Er gab mich Kraft, ich war verlor'n,

durch ihn erst wurde ich gebor'n.

Wer bin ich? Wer bin ich?

Ich bin Jean Valjean!

Und nun Javert, tu deine Pflicht.

Der Str�fling, den du suchst, bin ich.

Wer bin ich?

Zwei-vier-sechs-null-eins.


Fantines Tod

 

Fantine

Cosette, mein Kind, du frierst.

Cosette, dein warmes Bett ruft.

Du hast den Tag verspielt

und bald beginnt die Nacht.

Komm, Cosette, wie wild die Schatten wandern.

Schau hinauf! Der Abendstern verneigt sich.

Komm zu mir und tr�um' in meinen Armen.

Die Sonne wird davongejagt, die Nacht kennt kein Erbarmen.

Halt mich fest, ich will dich nicht verlieren.

Winterwind heult w�tend um die T�ren.

Alles dunkel - ich kann dich nicht mehr sehen.

Ich sing dich in den Schlaf und morgen fr�h wirst du verstehen...

Valjean

Oh Fantine, uns bleibt nicht mehr viel Zeit.

Doch Fantine, ich schw�re dir bei Gott...

Fantine: Schaut, Monsieur, die Kinder sind so froh!

Valjean: Komm zur Ruh'. Wart', ich deck' dich warm zu.

Fantine: Doch Cosette...

Valjean: ...wird immer bei mir bleiben.

Fantine: Nehmt sie jetzt.

Valjean: Es wird ihr an nichts fehlen.

Fantine: Guter Herr, Euch schickt wohl Gott im Himmel.

Valjean: Und keiner tut Cosette ein Leid,

so lange, wie ich lebe.

Fantine: Helft mir auf, die Nacht wird immer k�lter.

Valjean: Fantine, ich st�tze dich.

Fantine: Gr��t mein Kind, es kommt in gute H�nde.

Valjean: Fantine, ich sch�tze dich.

Fantine: Gro�er Gott, bleibt bei mir bis an Ende,

und sagt Cosette, ich lieb' sie

und ich seh sie morgen fr�h...


Der doppelte Schwur

 


Javert

Valjean, 's ist aus

mit B�rgermeisterei!

Dein wahres Kettchen

wiegt so schwer wie Blei!

Valjean

Bevor du weiterspricht, halt' ein, Javert.

Bevor du mich mit Lust in Eisen legst,

h�r, was ich sag. Etwas bleibt f�r mich zu tun.

Dies M�dchen hinterl��t ein kleines Kind.

Nur ich allein kann ihm zur Seite steh'n.

In Gottes Namen, gib mir drei Tage Zeit.

Ich komm' zur�ck. Ich geb' mein Wort.

Ich komm' zur�ck...

Javert

Ich w�r sch�n verr�ckt!

Ich jag dich durch die halbe Welt.

Ein Mann wie du bleibt immer gleich.

Ein Mann so wie du...

Valjean

Glaub von mir doch, was du willst.

Ich hab dem M�dchen einem Eid geschwor'n

Was wei�t du von meinem Leben?

Ich hab nur ein Brot gestohl'n.

Du wei�t nichts von wahrem Leid.

Ja, du w�nscht, ich w�re tot.

Doch vorher sorg' ich f�r Gerechtigkeit.

Oh, ich warne dich, Javert,

ich bin st�rker, als du glaubst,

ich hab Kraft f�r hundert Mann,

ich mache noch nicht Schlu�.

Ja, ich warne dich, Javert,

trau dich ja nicht zu mir her,

sonst bis du ein toter Mann,

ich tue, was ich mu�.

Javert (gleichzeitig mit Valjean)

Dreck wie du bleibt immer gleich,

Dreck wie du bleibt immer gleich,

immer, Zwei-Vier-Sechs-Null-Eins

Ich bin hier das Gesetz,

komm und gehorch,

komm mit mir, Zwei-Vier-Sechs-Null-Eins.

Endlich will der Wind sich dreh'n,

Jean Valjean mu� untergeh'n.

Spiel mir nicht die Unschuld vor,

und da� das Schicksal dich zerreibt.

Jeder Mensch, von Grund auf schlecht,

mu� selber sehen, wo er bleibt!

Was wei�t du schon von Javert?

Gitter brach mein Wiegenlicht.

Dreck sah meiner Mutter zu.

Ich stamm' aus dem Dreck - wie du!

Valjean: Bei allem, was mir heilig ist...

Javert: ...ich find dich. Du entkommst mir nicht.

Valjean: Dein M�dchen hat es bei mir gut.

Javert: Wo immer du dich auch versteckst...

Valjean: ...und ich geleite sie ins Licht.

Valjean & Javert

Ich schw�r es dir, bei meinem Blut!



In meinen Schlo�

 

Kleine Cosette

Nachts baut der Schlaf ein Schlo� f�r mich,

das fegt ein Zauberbesen blank.

Keiner ist m�de oder krank,

in meinem Schlo� gibt's sowas nicht.

F�nfhundert Kinder lad' ich ein,

wir lassen keine Gro�en rein.

Nichts wird gestohlen, nichts zerbricht,

in meinem Schlo� gibt's sowas nicht.

Dort wohnt die Fee im wei�en Kleid,

die hat f�r alle Kinder Zeit.

Sie leuchtet mir wie ein warmer Stern.

Sie sagt: "Cosette, ich hab dich furchtbar gern."

Kommt zu dem Schlo�, wo keiner weint,

wo jeden Tag die Sonne scheint.

Keiner hat Tr�nen im Gesicht,

in meinem Schlo� gibt's sowas nicht.


Wen ha'm wir hier?

 

Madame Th�nardier

Wen ha'm wir hier?

Das Fr�ulein faulenzt herum!

Ist wieder mal zu fein, um seine Arbeit zu tun!

Wehe dir, wenn ich dich erwische,

ich hau dich windelweich!

Zehn miese Francs schickt deine Mutter,

meinst du, das macht mich reich?

Den Eimer, schnell,

du kleine "Mademoiselle",

jetzt lauf und hol uns Wasser aus dem Quell.

Warum haben wir dich nur genommen, wenn ich

daran denke, dann packt mich die Wut!

Das Kind wie die Mutter, ich hab's doch gewu�t.

Eponine, komm mal her, Eponine, la� dich sehen,

das H�tchen in Blau, wie famos steht es dir.

Du wei�t, was dir steht, wie man Mutter entz�ckt,

und du wei�t, was sich schickt,

und ich danke dem Himmel daf�r.

Noch da, Cosette?

H�r auf zu heulen, wird's bald!

Ich sagte, hol uns Wasser aus der Quelle im Wald...


Ich bin Herr im Haus

 


Th�nardier

Immer herein!

Ich krieg' Sie satt!

Ich bin der beste

Wirt in der Stadt.

Die Konkurrenz

panscht und betr�gt,

rechnet euch schwindlig,

knausert und l�gt.

Selten finden Sie

soviel Sympathie,

ein Ehrenmann bin ich,

drum beehr'n Sie mich!

Ich bin Herr im Haus,

schleimig und charmant.

Halte MEINE auf

und k�sse IHRE Hand.

Ich bring euch in Schwung,

manchmal auch in Wut,

meine G�ste lieben mich als Tunichtgut

Alles g�b ich her f�r Freunde,

aber wie ein jeder wei�:

Geh�rt dir nichts, dann biste gar nichts,

jedes Ding hat seinen Preis

Ich bin Herr im Haus,

ich bin hier Dompteur.

Nehm euch einen Sou ab

oder auch mal mehr.

Wasser in den Wein!

Wenn ihr nicht mehr steht

krall' ich euren Klunker,

weil ihr doppelt seht!

Waren Sie mit mir zufrieden?

hat's euch wieder Spa� gemacht?

F�r euch tu ich doch alles,

aber wartet, wer als Letzter lacht!

Th�nardier und Chor

Ich bin (er ist) Herr im Haus,

wer's auch immer sei,

keiner kommt an diesem

Schwadroneur vorbei.

Bei den Armen gro�,

bei den Reichen klein,

jedem Kunden will ich (er)

Freund f�r's Leben sein.

Jeder m�chte mit mir (ihm) trinken,

jeder mag mein (sein) Fuchsgesicht -


Th�nardier

Pass auf Deine Tasche.

Diese Flasche kriegst Du Flasche nicht.

Treten Sie ein!

Was darf es sein?

Mein Haus ist Ihr Haus,

ruh'n Sie sich aus!

M�chtig was d'rin

Welch eine Last!

Wir sind bem�ht,

erleichtern den Gast...

Schon verschmort die Gans,

schon verdampft das Fett,

das f�rstliche Men�

ist sogleich komplett!

Alles erste Wahl,

wei� doch jedes Kind,

stopft es in den Fleischwolf

und schon nennt sich's Rind.

Leben von der Katz,

Niere aus dem Pferd,

Inhalt unsrer Wurst

kenn ich nur ungef�hr -

Welches Zimmer darf ich richten?

Voll ist nur die Hochzeits-Suite!

Preis ohne Extras -

was dann ein paar Extras nach sich zieht!

Aufschlag f�r die Laus,

Extra f�r die Maus,

zwei Prozent sind Stufengeld f�r's Treppenhaus.

Zeiten sind brutal,

Schulden sind horrend,

bei geschloss'nem Fenster schlafen: Drei Prozent!

Gott diktiert mir nicht die Preise -

da gibt's meine Menge Tricks!

Wie das immer mehr wird,

wie die B�rse leer wird,

nein, nicht nur die Kosten sind hier fix!

Th�nardier und Chor

Ich bin (er ist) Herr im Haus,

wer's auch immer sei,

keiner kommt an diesem

Schwadroneur vorbei.

Bei den Armen gro�,

bei den Reichen klein,

jedem Kunden will ich (er)

Freund f�r's Leben sein.

Jeder m�chte mit mir (ihm) trinken,

jeder mag mein (sein) Fuchsgesicht -

Th�nardier

Doch bin ich etwa Kr�sus?

Jesus! F�r Garderobe haft' ich nicht.

Madame Th�nardier

Ich tr�umte oft,

ein Prinz wollt' mich entf�hr'n...

Warum im Himmel

mu�t mir so'n Kerl passier'n?!

Der und Herr im Haus?

Selten so gelacht!

Stammtischphilosoph,

der nichts als Bockmist macht!

Taschendiebgehirn,

glaubt, er h�tt' Esprit.

Glaubt, er w�re gut im Bett,

blo� ICH merk's nie!

Welcher b�se Dreh des Schicksals

gab mir statt 'nem Pelz 'ne Laus?

Was hab ich erduldet

neben diesem Bastard hier im Haus!

Th�nardier und Chor: Ich bin (er ist) Herr im Haus...

Madame Th�nardier: ...na, das m�cht' ich seh'n!

Th�nardier und Chor: Jedem Kunden will ich (er)...

Madame Th�nardier: ...an die W�sche geh'n.

Th�nardier und Chor: Bei den Armen gro�, bei den Reichen klein...

Madame Th�nardier: ...Speichellecker, Heuchler, und auch sonst ein Schwein!

Th�nardier und Chor: Dreimal Hoch auf unsern Wirt hier!

Nie geh' ihm der Fusel aus!

Th�nardier: Wir erheben unser Glas!

Madame Th�nardier: Da� du dran erstickt du Aas!

Alle: Wir erheben unser Glas auf den Herrn von diesem Haus.


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